Hamamelis vernalis Sarg. (Frühlingszaubernuß)

Was blüht denn da im Januar?

Hamamelis: Blütenstand in Aufsicht. Hamamelis: Blüte in Aufsicht.

Auffällig ist der sparrig wachsende Strauch ja schon, so wie er da ab Mitte Januar - noch unbelaubt - seine Blüten entfaltet. Von den Indianern Nordamerikas seit langem als Heilpflanze zur äußerlichen Versorgung von Wunden angewendet, gelangt die Frühlingszaubernuß (Hamamelis vernalis Sarg.) zusammen mit Ihrer Schwesterart Virginische Zaubernuß (Hamamelis virgiana L.) im 18. Jhd. als Zierstrauch nach Europa. Weitere Arten stammen z.B. aus China (Hamamelis mollis Oliv.) oder Japan (Hamamelis japonica Siebold & Zucc.). Die Arten hybridisieren z.T. untereinander - zur Freude von Züchtern, die inzwischen eine Reihe von hübschen Gartenformen gezüchtet haben.

Hamamelis: Habitus des Strauch, Ge-Buer, Park an der Goldbergstraße. Hamamelis: Blick zu Mariae Himmelfahrt, Ge-Buer, Park an der Goldbergstraße.
Hamamelis: Detail des Strauchs, Ge-Buer, Park an der Goldbergstraße.

Was uns da blüht ... und wieso eigentlich "Zaubernuß"?

Die Blüten der Zaubernuß sind radiärsymmetrisch, die Anzahl der Organe in einer Blüte ist jeweils ein Viel- oder Einfaches der Zahl 2: 4 Kelchblätter und 4 Kronblätter bilden ein auffälliges Perianth [=in Kelch und Krone geteilter Schauapparat der Blüte], 4 Staubblätter das Androeceum [=Gesamtheit der männlichen Blütenorgane] und das Gynoeceum [=Gesamtheit der weiblichen Blütenorgane] besteht aus einem oberständigen Fruchtknoten, der aus zwei Fruchtblättern [=Karpelle] gebildet wird. Die Blütenformel von Hamamelis lautet demgemäß: K4, C4, A4, (G2).

Hamamelis im Schnee. Hamamelis im Schnee.
Die vierklappige Kapselfrucht platzt zur Fruchtreife übrigens mit einem lauten Knacken auf und schleudert die Samen mehrere Meter weit. Dieses Verhalten und die Tatsache, daß die Blüten in der Lage sind, für gewisse Zeit auch einige Minusgrade zu tolerieren, hat der Pflanze den Namen Zaubernuß [=Witch Hazel] eingebracht. Hamamelis im Schnee.
Hamamelis: leere Kapselfrüchte. Hamamelis: leere Kapselfrüchte, Studioaufnahme.

Die Stellung von Hamamelis in der Systematik der Pflanzen

  • Abteilung Spermatophyta
  • Unterabt. Magnoliophytina [=Angiospermae, Bedecktsamer]
  • Klasse Magnoliatae [=Dicotyledonae, Zweikeimblättrige]
  • Unterklasse Hamamelididae
  • Ordnung Hamamelidales
  • Familie Hamamelidaceae

Die Ordnung der Hamamelidales wird i.A. als sehr ursprüngliche Reliktgruppe angesehen. Möglicherweise sind sie im Sinne der Kladistik auch eine sogenannte paraphyletische Gruppe: Manche Ihrer Mitglieder sind vielleicht mit moderneren Taxa eher verwandt als die Hamamelidales untereinander. Diese Problematik findet man auf vielen Ebenen der überkommenen Systematik der Pflanzen.

Je näher man sich der "Spezies" als Taxon nähert, desto höher wird allerdings die Wahrscheinlichkeit, daß alle Mitglieder auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen und dass dieses Taxon alle Nachkommen dieses gemeinsamen Vorfahren enthält. So ist z.B. anzunehmen, dass die Familie Hamamelidacea eine solche sogenannte monophyletische Gruppe ist.

Studio: Blütenstand 'Vorderseite', Anordnung. Studio: Blütenstand  'Vorderseite', Detail.



Der Eindruck der im Außenbereich erstellten Photos täuscht:

Der Aufbau der Blüten und
Blütenstände ist deutlich
regelmäßiger als es zunächst scheint.

Übrigens:
Obwohl noch kein Laubblatt zu
sehen ist, erzählt uns dieses Bild, dass die Blattstellung bei der Zaubernuß wechselständig sein muß: Jeder Blütenstand entwickelt sich aus der Achselknospe eines Laubblatts (des sog. Tragblatts)

(Studioaufnahmen: Vorder- und Rückseite der
Blütenstände).

Studio: Blütenstand 'Rückseite', Anordnung. Studio: Blütenstand 'Rückseite', Detail.

Nutzen jenseits des Zierstrauchs ...

Die Inhaltststoffe der Hamamelis haben wundstillende und entzündungshemmende Wirkungen. Verwendet wird vor allem die Rinde. Bei innerlicher Anwendung soll die Rinde akute unspezifische Durchfallerkrankungen lindern. Die Homöopathie schreibt Hamamelis Wirkungen auf venöse Gefäßerkrankungen zu. Alkoholische Auszüge der Rinde und der Blätter finden als Hamamelis-Wasser nicht nur in der Heilkunde sondern auch in der Kosmetik Anwendung.

(Fotos und Text: Dipl.-Biol. Ingo Schendel, 2004)