Die Goldrute

Migrantenschicksal ...

Die bei uns am häufigsten vorkommenden Goldrutenarten stammen ursprünglich gar nicht aus Mitteleuropa. Die Riesengoldrute (Solidago gigantea AITON) und die Kanadische Goldrute (Solidago canadensis L.) stammen nämlich ursprünglich vom nordamerikanischen Kontinent und kommen viel häufiger vor als die einheimische Gemeine Goldrute
(Sodidago virgaurea L.). Die Pflanzen können übermannshoch werden.


Goldrutenbestand (S. gigantea AITON) in Buer Mitte und an einem ...

... Maisfeld in in der Nähe der Kinderklinik.

Pflanzen, die sich in einem Gebiet, in dem sie ursprünglich nicht zuhause waren, aus eigener Kraft ohne Pflege des Menschen dauerhaft heimisch machen können, werden "Neophyten" genannt. Im weitesten Sinne gelten alle Pflanzen als Neophyten, die seit der Entdeckung Amerikas bei uns dauerhaft heimisch geworden sind. Riesengoldrute und Kanadische Goldrute gehören zu diesen erfolgreichen Migranten.


Die Blütenstände der Riesengoldrute sind sehr dekorativ: Nach Europa wurde die Art als Zierpflanze eingeführt. Übrigens: Was da rein optisch aussieht wie eine Einzelblüte, ist in Wahrheit ein sogenanntes Körbchen, welches seinerseits aus mehreren Einzelblüten besteht.

Die eingewanderten Arten sind jedoch inzwischen ein fester Bestandteil unserer heimischen Pflanzenwelt. Dabei sind sie vom ökologischen Standpunkt nicht ganz unproblematisch, da sie zum Teil heimische und seltenere Pflanzenarten von trockenen, halbtrockenen oder frischen Standorten in sonniger bis halbschattiger Lage verdrängen können: Dabei können sie einerseits aufgrund von vegetativer Vermehrung mit unterirdischen Trieben (=Rhizome) dichte Bestände bilden, zwischen denen kaum noch eine andere Pflanze hoch kommt und andererseits können sie mit ihren in Massen prozierten flugfähigen Früchten frei gewordene Brachflächen rasch besiedeln.


In der Mitte eines jeden Körbchens befinden sicht die Röhrenblüten, die von einem äußeren Kranz aus Zungenblüten umfaßt werden ... sie ahmen so eine große Einzelblüte nach. Bei Solidago gigantea AITON ragen die Zungenblüte deutlich über die Körbchengrenzen hinaus, die Zungenblüten von Solidago canadensis L. sind kürzer. Die Gesamtheit der Körbchen ist wiederum in einem rispenartigen Gesamtblütenstand organisiert.

Staunässe ertragen die Goldruten jedoch nicht besonders gut, sodaß man sie durch "Vernässen" einer Fläche recht gut bekämpfen kann. Wo das nicht möglich ist, mäht man den Bestand ab und bedeckt die Fläche mit einer lichtundurchlässigen Folie. Auch das soll ihr den Garaus machen.


Der Rispenblütenstand der Riesengoldrute (Solidago gigantea AITON) ist in Aufsicht deutlich erkennbar. Kanadische Goldruten und Riesengoldruten haben gezähnte Blätter.

Aber oft wird man das gar nicht wollen: Die prachtvoll blühenden Pflanzen sehen nur allzu dekorativ aus. Aus diesem Grunde wurden die Goldruten auch nach Mitteleuropa eingeschleppt: Als Zierpflanzen ...

Familie und Beruf

Die Goldruten gehören der Pflanzenfamilie der Korbblüter an (lat. Asteraceae, früher auch als Compositae bezeichnet). Diese Familie beinhaltet eine Menge eßbarer, aber auch eine Reihe von arzneilich wirksamen Pflanzenarten.

Goldrute Solidago gigantea in Buer Mitte: Die oberirdischen Pflanzenteile sind abgestorben. In den Körbchen stecken die flugfähigen Früchte der Pflanze, eine jede mit einem eigenen "Fallschirmchen" (=Pappus). Die Früchte sorgen für die Fernausbreitung auf freigewordenen Brachflächen.
Auch die momentan besetzte Fläche wird der Bestand höchstwahrscheinlich halten können: Im Folgejahr treiben die Stauden erneut aus unterirdischen Trieben (=Rhizomen) aus und bilden erneut einen ebenso üppigen Bestand wie in diesem Jahr.

Auch die Goldruten finden als Arznei Anwendung. Man benutzt die oberirdischen Pflanzenteile: Goldrute ist in fast allen Kräutertees enthalten, die eine entwässernde Wirkung haben sollen (Gegenanzeige: Nierenkrankheiten und bestimmte Stoffwechelstörungen). Dabei verwendet man vorzugsweise allem Solidago virgaurea L., die als am verträglichsten gilt. Aber auch Solidago gigantea AITON und Solidago canadensis L. haben eine ähnliche arzneiliche Wirkung und werden für entsprechende Tees gelegentlich eingesetzt.

Goldrute im November: Es sieht aus, als habe der Blütenstand sich einen Nikolausbart angeklebt. Was da so weiß aus den Körbchen herausschaut sind die Fallschirmchen (=lat. Pappi, sing. Pappus) der flugfähigen Früchtchen. Der Stiel ist abgestorben, die Pflanze überwintert in unterirdischen Rhizomen.

Eine Kuriosität am Rande: In den USA und in der Sowjetunion hat man in den 1930'ern Jahren versucht, die Goldrute Solidago leavenworthii TORR. et GRAY - beheimatet im Südosten der USA - zur Gewinnung von Naturkautschuk einzusetzen. Doch hat sich das Verfahren als nicht wirtschaftlich erwiesen, sodass man es bald wieder aufgab. Auch mit anderen Arten hat man es versucht - z.B. mit unserer Riesengoldrute Solidago gigantea AITON - doch war dies ein noch größerer Schlag ins Wasser ...

Also bleibt die Goldrute, was sie ist: Eine hübsche (und manchmal unbequeme) Staude mit einem Nutzwert für den Menschen in der Heilkunde.

(Fotos und Text: Dipl.-Biol. Ingo Schendel, 2003)